Fotos sind viel mehr als eine optische Information, gespeichert auf einem analogen oder digitalen Medium. Jedes Foto hält den Augenblick in der Zeit fest. Nach vierzig Jahren bezeichne ich meine Kamera häufig als Zeitmaschine, wenn ich an Familienfotos denke oder an Fotos von Landschaften, die heute nicht mehr existieren. Fotos werden Zeugnisse der Zeit. Innerhalb eines kurzen Lebensabschnitts kann jeder mit einer Kamera die gravierenden Veränderungen im sozialen Umfeld und in der natürlichen Umwelt festhalten. Häufig ist ihr oder ihm dies nicht bewusst. Ich persönlich erlebe Geschichte als sozialen, politischen und ökologischen Wandel, der eine immer höhere Geschwindigkeit aufnimmt. Deutliche Veränderungen ereignen sich innerhalb weniger Jahre, nicht Jahrzehnte. Wie blind und ignorant sind jene, die das nicht erkennen?
Den Wert eines Fotos als Beweis des Wandels erkennen wir oft erst viel später. Die Erkenntnis löst Erstaunen aus, manchmal auch Erschrecken. Das Heranwachsen und Altern der eigenen Kinder, Augenblicke im Leben Verstorbener. Die Freude, die Scheu, der fragende Blick der Eltern oder Großeltern, die neugierigen Augen des Kleinkinds. Das Memento mori (bedenke, dass du sterblich bist) und Carpe diem (nutze den Tag) liegen nah beieinander.
Wer wie ich häufig mit dem Fahrrad oder zu Fuß in den Alpen oder Mittelgebirgen unterwegs ist, erlebt das Abschmelzen der Gletscher, das Sterben der Wälder, die Dürrekatastrophen, die extremen Wetterphänomene hautnah. Der Klimawandel verändert Landschaften unumkehrbar in nur wenigen Jahren. Häufig ist es schwierig, sich auf seine Erinnerung zu berufen, wenn man nach einiger Zeit wieder an seinen Lieblingsort zurückkehrt. Fotos sind ein unwiderlegbarer Beweis und übertreffen häufig das „gefühlte“ Ausmaß der Veränderung.